Grafschaft Glatz

Grafschaft Glatz - Ziemia Klodzka

Wenn für Schlesien insgesamt immer wieder seine Brückenfunktion - zwischen Ost und West, zwischen Deutschen und Polen - betont wird, so gilt diese Aussage auch und gerade für die Grafschaft Glatz.

Die Grafschaft springt wie ein Erker aus der Sudetenmauer nach Süden in das Gebiet der Tschechischen Republik hinein. Sie bildet den südlichsten Teil der Woiwodschaft Niederschlesien mit der Hauptstadt Wroclaw (Breslau)Im Süden grenzt Niederschlesien auf eine Strecke von 400 km an die Tschechische Republik; die gemeinsame Grenze mit Deutschland beträgt 200 km.

Zur Woiwodschaft Niederschlesien gehören 26 Landkreise und vier Stadtkreise. Der größte Landkreis ist der Kreis Glatz (Powiat Klodzo), der aus 14 Kommunen besteht. Der Kreis mit der Kreisstadt Klodzko ist fast identisch mit der alten Grafschaft Glatz. er ist 1.670 qkm groß und in ihm leben ca 200.000 Menschen (z.Vgl. 181.000 Einwohner vor dem 2. Weltkrieg).

Gebirge

Auf allen Seiten ist die Grafschaft von Gebirgen umrahmt. Die nordöstliche Grenzlinie bildet das Eulengebirge (Góry Sowie) mit der 1014 m hohen Hohen Eule (wielka Sowa) und das Wartha Gebirge (Góry Bardzkie)mit dem schmalen Durchbruch der Neiße, durch den fast alles Wasser der Oder zufließt. Danach erstreckt sich das Reichenbacher Gebirge (Góry Zlote) mit dem 900 m hohen Heidelberg (Borówkowa Góra) bis zum östlichsten Punkt des Glatzer Lands. Im Süden schließt sich das Bielengebirge (Góry Bialskie) mit dem Schwarzen Berg (Czarna Góra 1082 m) und das Glatzer Schneegebirge (Masyw Snieznika) 1425 m an. Im Westen liegen als Grenzscheide gegen Böhmen zwei paralell zueinander verlaufende Bergzüge. auf der schlesischen Seite das Habelschwerdter Gebirge (Góry Bystrzyckie) und auf der böhmischen Seite das Adlergebirge (Góry Orlickie) mit 1083 m Höhe.Danach noch das Mensegebirge mit der 1084 m hohen Hohe Mense. Im Nordwesrten schließt die 919 m hohe Heuscheuer (Góry Stolowe) die Bergfestung ab.

Das Innere des Glatzer Beckens (Kotlina Klodzka) ist von zahlreichen niedrigen Höhen durchzogen.

Flusssystem

Das Flusssystem der Grafschaft ist sehr übersichtlich. Der Hauptfluss ist die Neiße (Nysa). Sie durchfließt das Land in einer Mittelfurche von Süden nach Norden. erst hinter Klodzko, vor dem Durchbruch durch das Gebirge, nimmt sie eine nordöstliche Richtung ein. Auf der rechten Seite erhält die Neiße neben zahlreichen Dorfbächen zwei größere Zuflüsse, die Wölfel und die Biele, die alle Wasseradern des Ostflügels der Ziemia Klodzka sammeln. Auf der linken Seite sind die bemerkenswerten Flüsse die Weistritz und die Steine. Drei dieser wichtigenb Nebenflüsse vereinigen sich mit der Neiße in der Nähe von Glatz.

Diese geographische Gegebenheit und die Befestigung und Begradigung der Flüsse führte zu dem verheerenden Hochwasser vom 7. 7. 1997. Leider glaubt man in Polen immer noch, dass eine Erhöhung der Fließgeschwindigkeit durch Begradigung ein Hochwasser verhindern könne.

 

Klima

Die Kreistadt Klodzko liegt mit 294 m ü.NN. nur unwesentlich höher als der tiefste Punkt mit 266m etwa 7 km nördlich von Glatz. an der Neiße. der Glatzer Schneeberg erreicht mit 1425 m die größte Höhe. Somit beträgt die Differenz zwischen dem höchsten und dem tiefsten Geländepunkt beträchtliche 1160m.

Demzufolge sind auch die klimatischen Gegebenheiten - großräumig kontinental geprägt - recht differenziert. Sie reichen von den rauhen Klimawerten im Bereich des Schneebergs (nur 120 frostfreie Tage im Jahr, häufig Nebel) bis zu den gemäßigten Daten im Innern des Kessels. Hier liegen die Niederschläge bei 700 mm pro Jahr und die mittleren Jahrestemperaturen zwischen 6 und 7 Grad. Die Niederschlagsmengen steigen in den hohen lagen auf 1000 bis 1200 mm an, und die mittleren Jahrestemperaturen sinken auf 2 bis 3 Grad ab. Entsprechend verkürzt sich die Vegetationsperiode.

Geologie

Die geologischen Verhältnisse sind im Bereich der Gebirgszüge meist durch sehr alte Gesteine (etwa 600 Millionen Jahre), Gneise und  Granite, geprägt. Im Bereich der innersudetischen Mulde bildeten sich Steinkohlelager des Karbons (vor etwa 3oo Millionen Jahren), die im Nordwesten in die Grafschaft hineinragen (Neurode - Nowaruda). Immer wieder steigen auch vulkanische Gesteine auf, das Kohlendioxid der Sauerbrunnen und Mineralwässer geht auf diesen Vulkanismus zurück. Die Heuscheuer besteht wie das Elbsandsteingebirge aus Quadersandsteinen des Kreidemeers. Hier hat die Erosion im Lauf der Jahr Millionen bizarre Formen und märchenhafte Gebilde geschaffen. im Tertiär vor etwa 50 Millionen Jahren erhielt die Landschaft des Glatzer Kessels seine heute Ausgestaltung.


Bodennutzung

 Die Grafschaft ist mit etwa 33% der Bodenfläche reich bewaldet. Vorherrschende Nadelhölzer sind Fichte, Tanne und Lärche. Nur bei Polanica Zdrój gibt es einen zusammenhängenden Kiefernbestand. Bei den Laubbäumen dominieren Buche, Ahorn, Eiche und Esche.

Etwa 50% der Landes werden als Ackerland und 10 % als Wiesen genutzt. Die weithin naturnahe Landschaft bietet vielen auch seltenen Pflanzen und Tieren Lebensraum. Die auf Feuchtwiesen wachsende gelbe Trollblume wurde als Glatzer Rose zum Wahrzeichen der Region.


Wirtschaft

Wirtschaftliche Grundlage des Glatzer Landes war bis in die heutige Zeit hinein eine intensive Landwirtschaft. Die Landwirte betrieben breitflächige Ackerbebauung, hauptsächlich Roggen, Hafer, Gerste, Kartoffeln, Mais, Ölfrüchte und Klee. Auch heute sind dies die wichtigsten Früchte der Landwirtschaft, welche allerdings deutlich an Bedeutung verloren hat. In den Gebirgslagen wurde Flachs angebaut als Grundlage für die Hauswebereien. Dieser Zweig ist völlig verschwunden. Die Weide- und Futterbedingeungen und das Glatzer Gebirgsrind sorgten für die Fleisch- und Milchproduktion.

Große Bedeutung hatte auch die Forstwirtschaft. Noch in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts gab es viele kleine Möbelproduzenten in der Region. Diese wurden nach der Transformation durch westdeutsche und skandinavische Möbelfirmen vom Markt verdrängt. Auch die deutsche Möbelfirma in Klodzko hat inzwischen geschlossen. An die Bedeutung der Forstwirtschaft erinnern das Papiermuseum in Bad Reiners (Duszniki Zdrój) und das Zündholzmuseum in Habelschwerdt. Auch die Glasherstellung hat ihren Ursprung im Holzreichtum der Wälder. Noch eine Glashütte arbeitet in Rückers.

Auch  das zweite Standbein der Wirtschaft des Glatzer Lands ist fast völlig weggebrochen, der Bergbau. Wie viele Ortsnamen belegen wurden seit dem Mittelalter in der Grafschaft Metalle gefördert, doch wegen der Unrentabilität wurde der Bergbau eingestellt. Auch in der Steinkohleförderung wurde die letzte Zeche 2001 geschlossen. Die Produktion von Schamottsteinen aus Schieferton wurde 2003 beendet.

Auch der Abbau des Heuscheuersandsteins ging merklich zurück, ein Steinbruch bei Wünschelburg (Radków) arbeitet noch.

Das Glatzer Land entwickelte sich dank seiner Heilquellen und seiner idyllischen, waldreichen Gebirgslandschaften zur einer bedeutenden Kur und Fremdenverkehrsregion.

Fünf der zehn schlesischen Heilbäder liegen im Glatzer Becken: Bad Altheide (Polanica Zdrój), Bad Reinerz (Duszniki Zdrój), Bad Kudowa (Kudowa Zdrój), Bad Langenau (Dlugopole Zdrój) und Bad Landeck (Ladek Zdrój). Erfolg und Ansehen der Bäder beruhen in erster Linie auf der Qualität und der therapeutischen Wirkung der Mineralquellen, zumeist kohlensäure- und eisenhaltige, kalte Mineralsäuerlinge. In Bad Landeck gibt es schwefelwasserstoffhaltige warme Quellen (zwischen 20 und 30 Grad). Alle Bäder bieten neben ihren Trink- und Badekuren auch Moor- und Fangobäder an. Inhalationen in Salzgrotten dienen ebenso der Gesundheit wie ein ausgedehntes Wellnessprogramm.

Die Politiker der Region haben inzwischen erkannt, dass Industrieansiedlung wegen der Randlage nur bedingt möglich ist. Sie setzen verstärkt auf den Tourismus und den Kurbetrieb mit den damit verbundenen Dienstleistungen. Ein Ausbau der Infrastruktur findet statt.

Ausflugsziele


Klodzko wirbt mit dem Slogan "Stad wszedzie jest blizej!" (Von hier aus ist alles nah!). Irgendwie recht haben die Werbestrategen. Wroclaw (Breslau) ist 90 km entfernt. Bis ins goldene Prag muss man etwa 190 km fahren und die historische Königsstadt der Polen Kraków (Krakau)  liegt etwa 250 km entfernt. Wir beschränken uns aus Ausflugsziele innerhalb des Glatzer Landes.

Polanica Zdrój (Bad Altheide)

Der jüngste und modernste Kurort des Glatzer Kessels (14 km westlich von Klodzko) liegt 350-420 m hoch und hat etwa 8000 Einwohner. er verfügt über ergiebige kohlensäurehaltige Mineralquellen mit denen Herz- und Nierenkrankheiten und Erkrankungen des Verdaungstrakts behandelt werden. Im Kurpark finden wir neben den Sanatorien und Trinkhallen auch ein Kurtheater.

 

Wambierzycie (Albendorf)

Wambierzycie (10 km nördlich von Polanica) ist der frequentierste Wallfahrtsort in Schlesien und besitzt eine monumentale barocke Kirche, zu deren über 50 Meter breiten Front 33 Stufen empor führen (nach dem Lebensalter Jesus). Die Anlage wird auch als das schlesische Jerusalem bezeichnet. Im Ort sind 92 Kapellen eines Kalvarienbergs verteilt.

 

Duszniki Zdrój (Bad Reinerz)

Der Kurort Duszniki Zdrój liegt 22 km westlich von Klodzko in einer Höhe von 530 - 570 m. Er verfügt neben den Kuranlagen über einen alten Stadtkern, in dem vor allem die Barocke Kirche Sankt Peter und Paul mit der berühmten Kanzel in Walfischform (von dem Glatzer Künstler Michael Kössler, 1720-1772) und das Rathaus (1844) sehenswert sind. Um den Ring mit der Mariensäule sind einige Bürgerhäuser aus dem Barock und der Renaissance erhalten Am Ortseingang von Klodzko her befindet sich eines der ältesten Industriedenkmäler Polen, die Papiermühle von 1605. Sie wurde nach dem Hochwasser von 1997 mit Geldmitteln aus dem Kreis Groß Gerau restauriert. Hier kann man im Museum die Papierherstellung nach alten Methoden beobachten.. Im Kurtheater finden jährlich Anfang August die Chopin-Festspiele statt, denn hier gab der junge Künstler 1826 sein erstes öffentliches Konzert. Der Stadtteil Zieleniec (960 m) ist ein schneesicherer Wintersportort.


Kudowa Zdrój (Bad Kudowa)

In den Kureinrichtungen (37 km westlich von Klodzko in einer Höhe von 400 - 480 m gelegen) werden mittels des Alkali-Sauerbrunnens seit dem 17. Jahrhundert Herz-Kreislauf-Krankheiten behandelt. Kudowa ist ein reiner Kurort mit schönen Bürgervillen aus dem 19. Jahrhundert und einem großen Park im Zentrum. Im Kurhaus findet Mitte Juli das Moniuszko-Festival statt. Östlich von Kudowa (11km) liegt Karlow (Karlsberg) als Ausgangspunkt für Wanderungen in die Heuscheuer mit ihren Felsenlabyrinthen (Große Heuscheuer,991 m 665 Stufen sind zu erklimmen und Wilde Löcher (Bledne Skaly). Nördlich von Kudowa. in Czermna ist die makabere Schädelkapelle zu sehen, die ganz mit Überresten der gefallenen des  Siebenjährigen Krieges ausgefüllt ist. Sie wurde 1776 vom Ortspfarrer errichtet.

 

Ladek Zdrój (Bad Landeck)

Der Kurort (24 km südöstlich von Glatz) ist nach Cieplice das älteste Bad Schlesiens. Ladek Zdrój besitzt einen alten Stadtkern mit einem schönen Ring (Laubenhäuser aus dem Barock und der Renaissance); neben dem Rathaus aus dem 18. Jahrhundert steht die Dreifaltigkeitssäule (um 17o9 von Michael Klar d.Ä.). Über die Biele führt die Johannisbrücke von 1565; die Barockkirche Maria Geburt besitzt eine Ausstattung von Michael Klar. Außerhalb des Stadtkerns befinden sich die klassizistischen Kuranlagen (Schwefelthermalquellen), die schon Friedrich der Große, Zar Alexander und Goethe besuchten.

 

 Kletno (Klessengrund)

Kletno (15 km südlich von Bad Landeck) ist für die Jaskinia Niedzwiedzia (Bärenhöhle) bekannt. Wohl die schönste Tropfsteinhöhle in Polen. Besichtigung mit Führung in kleinen Gruppen zum Schutz der Tropfsteine ist möglich. der Höhleneingang liegt südlich von Kletno am Wanderwege zum Glatzer Schneeberg.

 

Bystrzyca Klodzka - Habelschwerdt

Außerordentlich malerisch an der Mündung der Weistritz (Bystrzyca) in die Glatzer Neiße gelegen ist Habelschwerdt (16 km südlich von Klodzko). Die Handelsniederlassung bekam schon 1319 die Stadtrechte. Habelschwerdt wird als das Rithenburg Schlesiens bezeichnet. Leider befindet sich die Bausubstanz der mittelalterlichen Stadt noch zum Teil in einem schlechten Zustand. Aber die Stadt investiert Geld in die Erhaltung der Gebäude und der Stadtmauer . Die ungewöhnliche zweischiffige Hallenkirche Sankt Michael aus der Gotik wurde in den Jahren 1475 und 1753 erweitert und 1914 umgebaut. Die Kirche verfügt über ein Renaissance-Taufbecken und einen gotischen Altar. Auf dem Floriansberg wurde  die gleichnamige Kapelle 1727 gestiftet, sie erinnert an den Stadtbrand von 1703. Am Maly Rynek (Kleiner Ring) steht die einzigartige Staupsäule (Pranger) von 1556. In der ehemaligen evangelischen Kirche ist heute das Zündholzmuseum untergebracht.

 

Miedzygórze (Wölfelsgrund)

 Der 15 km südlich von Habelschwerdt gelegene Erholungsort empfängt seien Besucher mit dem Wölfelfall, dessen 27 m hohe Kaskade in eine mehrere hundert Meter lange Felsschlucht fällt. Schöne Ausblicke bieten sich von der Brücke über die Wölfel und von weiteren Aussichtsplattformen.

Von hier aus kann man in einer Wanderung von etwa 3 Stunden zum Glatzer Schneeberg (rote Markierung) gehen, der Rückweg ist über die gelbe Markierung möglich, kann kommt man an der Bärenhöhle vorbei.

Ein weiterer weg führt vom Wölfelfall zur Wallfahrtskirche Maria Schnee auf dem Spitzigen Berg (847 m), deren Neubau 1742 geweiht wurde.

 

Brado (Wartha)

Das schön am Durchbruch der Neiße gelegene Städtchen (9 km nordöstlich von Glatz) ist seit Jahrhunderten ein Marienwallfahrtsort. Die doppeltürmige Marienkirche, die die Stadt überragt, wurde 1668 - 1704 an der Stelle einer mittelalterlichen Kirche errichtet. Aus der barocken Ausstattung hebt sich der Hauptaltar "Maria Heimsuchung" von Michael Wilmann und der Rokoko Orgelprospiet hervor.

 

Srebrna Góra (Silberberg)

Die ehemals Freie Bergstadt liegt 14 km nördlich von Bardo, sie wurde wie der Name sagt durch den Silberbergbau  bekannt, der bis Mitte des 17 Jahrhunderts betrieben wurde. Die Hänge des engen Tals im Eulengebirge werden auf beiden Seiten von preußischen Festungsbauten (1765 -1777) eingenommen. Der Dichter Fritz Reuter war hier inhaftiert. Im zweiten Weltkrieg war die Festung Gefängnis für polnische Offiziere. Auf einem Wanderweg kann man in 7 Stunden zur Hohen Eule gehen.